Vorteile und Nachteile
Zeiterfassungssysteme für Personal und Arbeitszeit
Zeiterfassungssysteme sind grundsätzlich
entbehrlich, und zwar unabhängig von Unternehmensart, Tätigkeitsart
usw. . Die Tatsache, dass unterschiedlichste Unternehmen ohne Arbeitszeiterfassung zur
ständigen Zufriedenheit aller Beteiligten seit Jahrzehnten erfolgreich
am Markt operieren, lässt keine Zweifel mehr
offen.
Dass ausgerechnet
diese Unternehmen rückblickend tendenziell als besonders erfolgreich
oder gar als Vorbild galten, legt folgenden Schluss nahe, der sich zu
100% mit den betrieblichen Erfahrungen des Verfassers deckt:
Das Vorhandensein eines
Zeiterfassungssystems ist ein Indiz für mittelmässige
Leistungsfähigkeit des Unternehmens.
Um gleich zu Beginn Missverständnisse auszuschliessen sei folgendes
gesagt:
Es gibt viele Unternehmen,
die zwar kein Arbeitszeiterfassungssystem haben, dies dann aber
zulasten der Arbeitnehmer geht (dauerhaft unbezahlte Überstunden).
Bei solchen Unternehmen ist davon auszugehen, dass das Qualitätsmanagement
auch in anderer Hinsicht grobe Lücken aufweist, und die Unternehmenskultur, und damit auch die
Leistungsfähigkeit als
unterdurchschnittlich zu bewerten sind.
Bei solchen Unternehmen würde durch ein Erfassungssystem
zumindest ein brennendes
Problem offenbart werden.
Derartige Unternehmen sind im Folgenden ausdrücklich nicht gemeint.
Es gibt natürlich Fälle, in denen Arbeitszeiterfassung sinnvoll ist
oder
gar gefordert wird, aber diese sind sehr selten. Es handelt sich hier
um Berufe, deren Schwerpunkt durch eine Bereitschaft charakterisiert
wird, die verbrachte Zeit also tatsächlich die entscheidende Messgrösse
darstellt.
Auch solche Unternehmen
sind im Folgenden ausdrücklich nicht
gemeint.
Gemeint ist der Grossteil des klassischen Produktions- und
Dienstleistungsgewerbes, der nach landläufiger Auffassung ordentlich
dasteht.
Warum sind Zeiterfassungssysteme überhaupt so verbreitet?
Das hat historische Gründe; die Interessen der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer wurden als konträr aufgefasst, daher sind
Zeiterfassungssysteme eine objektives Mittel für beide Seiten, um die
tatsächlich verbrachte Zeit ggfs vor Gericht nachweisen zu können.
Damit ist der entscheidende Punkt auch schon angedeutet: Die
Anwesenheitszeit einer Person sagt noch gar nichts über ihren Wert
innerhalb des Unternehmens aus. Sie sagt auch nichts darüber aus, wie
die Person ihre Arbeit empfindet (überlastet, nicht ausgelastet).
Sie sagt lediglich aus, wie lange eine Person da ist, und erzeugt damit
lediglich Dokumentationsaufwand ohne betrieblichen Nutzen.
Teilweise wird
die Auffassung vertreten, Arbeitnehmer stellten ihre Zeit zur Verfügung
und Arbeitgeber sollten innerhalb dieses Rahmens Gebrauch davon machen.
Dies steht einer zeitgemässen Auffassung von
Qualitätsmanagement eindeutig entgegen (Arbeitsumfeld, Umgang mit
Ressourcen) und behindert daher das Unternehmen als Ganzes
in seinem Erfolg.
Das gilt auch und insbesondere für die Arbeitnehmer, denen es
systematisch
verwehrt wird, ihre Arbeitszeit entsprechend den Gegebenheiten
selbständig anzupassen. Es fördert eine Dienst nach Vorschrift
Mentalität; nicht gehen zu können obwohl man schon fertig ist schafft
Unzufriedenheit.
Zeitkontenregelungen sind nur wenig besser, da der Arbeitnehmer durch
früheres Gehen automatisch eine Minuszeit erzeugt. Sie erleichtern wohl
den Einklang von Beruf und Freizeit, aber sie wälzen auch das Risiko
der Auslastung auf den Arbeitnehmer ab.
Der Arbeitszeit als relevante Messgrösse liegen Vorstellungen zu Zeiten
Charlie Chaplins zugrunde, wonach z.B. ein Büroarbeiter unentwegt
Zahlenkolonnen eintippt, ein Mechaniker ständig etwas schraubt, der
Lagerist andauernd seine Ameise durch die Halle fährt, und der
Maschinenbediener permanent um seine Maschine läuft und irgendwelche
Hebel betätigt. Nicht zu
vergessen den Abteilungsleiter, dem jeder stets Betriebsamkeit
vorgaukelt.
Das gibt es heute zwar immer noch, aber im Grunde sind diese Zeiten
schon längst vorbei, denn heutzutage beinhaltet der überwiegende Teil
der industriell anfallenden Tätigkeiten eine planerische Komponente,
erfordert Mitdenken des Ausführenden.
Bei Raucherpausen abstempeln ja/nein, oder ob Händewaschen und Umziehen
zur Arbeitszeit gehören oder nicht, bedachtes früheres Gehen ohne
Minuszeitanfall und ähnliche Fragen haben keine
betriebswirtschaftliche Relevanz mehr (sofern sie sie je hatten),
sind Symptome einer übertriebenen Arbeitsplanung oder Zeugnis für
arbeitgeberseitig grundsätzlich falsch
verstandenes Qualitätsmanagement. Ausserdem sind solche
industriellen
Tätigkeiten, die eine permanente Anwesenheit erfordern, heute entweder
automatisiert oder auf andere Weise nicht mehr zeitkritisch.
Sinnvolle Messgrössen sind z.B. Arbeitspensum und Zielerreichung oder jede andere Grösse, die einen offensichtlichen Bezug zu
Unternehmenskennzahlen hat und daher auch als Handlungsgrundlage
verwendet werden kann.
Man erschlägt zahlreiche Probleme mit einem Mal, indem man den
Mitarbeitern eine gewisse Freiheit bezüglich ihrer verbrachten Zeit
zugesteht.
Die Praxis zeigt, dass Arbeitnehmer auch ohne formale Regelungen gerne
von sich aus bereit sind, bei Bedarf länger zu arbeiten, sofern ihnen
auch im Gegenzug zugestanden wird, ihre Arbeitszeit bei Bedarf zu
verkürzen.
Eine systematische Protokollierung der Arbeitszeit ist eine mildere
Form des ständigen auf die Finger Schauens.
Die Praxis zeigt leider auch, dass Arbeitgeber trotz formalem
Zugeständnis Schwierigkeiten haben, wenn Arbeitnehmer von sich aus
früher gehen.
All diesen Überlegungen liegen fundamentale Wesenszüge der ISO 9001:2015
zugrunde,
wonach Personen mitsamt ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten als
Ressource verstanden werden sollen. Man lässt ja auch nicht den ganzen
Tag das Licht im Keller brennen, nur weil man zweimal am Tag Getränke
holt, sondern man hat mehr von der Glühbirne, wenn man sie die meiste
Zeit faulenzen lässt.
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