Was
ist ART, Allgemeine
Relativitätstheorie in einfachen Worten
Wenn Fachfremden von
Relativitätstheorie sprechen, dann meinen sie meistens die Spezielle
Relativitätstheorie (SRT).
Diese ist wesentlich einfacher zu verstehen als die Allgemeine
Relativitätstheorie
(ART).
Die meisten Beispiele, insbesondere das sogenannte Zwillingsparadoxon,
beruhen auf der SRT.
Im Gegensatz zur SRT ist die
Allgemeine
Relativitätstheorie ohne experimentelle Not entstanden: Vor der SRT gab
es
experimentelle Befunde, die nach einer Erklärung
verlangten. Die
ART
dagegen ist primär durch das konsequente Zu-Ende-Denken von bis dato
kaum hinterfragten Prinzipien entstanden, und erst hinterher wurde (und wird heute noch) durch
entsprechende Experimente bestätigt, dass die ART zutreffend ist.
Die Allgemeine
Relativitätstheorie erfordert im gegensatz zur SRT höhere mathematische Methoden, gestattet jedoch
einen mit der SRT vergleichbar einfachen Zugang, indem für ein bestimmtes
Experiment -hier wieder ein Gedankenexperiment- eine Gleichheit postuliert
wird, wo man im Grunde auch einen
Unterschied erwarten könnte.
Ausgangspunkt der ART ist die
Frage
nach dem Unterschied zwischen schwerer und träger Masse.
Zunächst ein paar
Erläuterungen.
Schwere Masse:
Man setzt sich
in einen (noch ruhenden) Sportwagen. Die Erdanziehungskraft
drückt einen in den Sitz und vermittelt das Gefühl von Schwere.
Der entscheidende Punkt ist hier, dass sich zwei Massen anziehen: Der
Menschliche Körper und die Erde ziehen sich an.
Träge Masse:
Man gibt Gas.
Die Beschleunigung drückt einen gegen die Sitzlehne und erzeugt
irgendwie auch ein Gefühl von Schwere, allerdings in einer anderen
Richtung, und das Wichtigste vor allem:
Hier sind keine Massenanziehungen im Spiel, dafür aber eine
Beschleunigung.
Schwere Masse bezeichnet also die Eigenschaft, von einer anderen Masse
angezogen zu werden, während träge Masse die Eigenschaft bezeichnet,
sich nicht ohne weiteres wegbewegen zu lassen.
Sind diese beiden
physikalischen Effekte, also Gewichtskraft und Beschleunigungskraft,
grundsätzlich unterscheidbar?
Also: Sind Schwere Masse und Träge Masse unterscheidbar?
Eine Versuchsperson befindet sich in
einer von der Aussenwelt vollkommen abgeschotteten Kammer. Sie kat
keine Möglichkeit, irgendetwas von der Aussenwelt in Erfahrung zu
bringen, allerdings ist sie mit allen denkbaren Messmitteln
ausgestattet.
Fall 1:
Die Kammer befindet sich schwerelos im Weltraum und wird nun
gleichförmig beschleunigt (sie wird also immer schneller),
beispielsweise mit Hilfe eines Raketentriebwerks. Die Person verspürt
eine beschleunigende Kraft.
Fall 2:
Die Kammer steht auf der Erdoberfläche, die Person darin verspürt ihre eigene Gewichtskraft.
Frage:
Kann die Person feststellen, welcher der beiden Fälle ihre gegenwärtige Situation beschreibt?
Genauer: Würde man, wenn man
in einem Kasten ohne jeglichen Kontakt nach aussen sässe, unterscheiden
können, ob man z.B. auf der Erde ruht und nur seine Gewichtskraft
spürt, oder ob man in einem Raumschiff, fern von jeder Anziehungskraft,
beschleunigt wird? Sind schwere Masse
und träge Masse unterscheidbar?
In der Vergangenheit hat man
immer wieder versucht, einen Unterschied nachzuweisen, und
die Ergebnisse deuten immer auf "nein".
Am einfachsten erkennt man das an frei fallenden Körpern: Wenn man
Luftreibung ausser Acht lässt, dann fallen schwere Gegenstände genauso
schnell zu Boden wie leichte Gegenstände - ein typischer Versuch in der
Physik Mittelstufe.
Begründet wird das etwa so: "Da eine doppelt so schwere Masse auch die
doppelte Trägheit aufweist, fallen beide Massen gleich schnell.
Formal bestätigt wird dies dadurch, dass bei der Formel für die
Fallbeschleunigung sich die Masse herauskürzt, die Fallbeschleunigung
(und damit auch die Fallgesetze) also unabhängig von der Masse
sind.
Auch wenn sich das in allen mechanischen Experimenten immer wieder
bestätigt, ist es dennoch ein Zirkelschluss, denn es ist einfach aus
einem der Newtonschen Axiome
der Mechanik abgeleitet: Actio = Reactio. Axiome können ja bekanntlich
nicht hinterfragt werden, und es könnte ja immerhin sein, dass die
Messgenauigkeit bislang noch nicht ausgereicht hat, träge und schwere
Masse zu unterscheiden.
Wenn es tatsächlich so einfach wäre, dann hätten Physiker nicht immer
wieder versucht mit verfeinerten Methoden
herauszufinden, ob träge und schwere Masse sich evtl. nicht doch
ein wenig unterscheiden.
Zu dem Ganzen kommt noch ein Kuriosum hinzu:
Wenn man physikalisch unbewanderte
Menschen fragt, ob schwere Körper schneller fallen als leichte (was dem
Sachverhalt "Schwere Masse =
Träge Masse" ja eindeutig widerspricht), dann würden sicherlich viele
zustimmen.
Anscheinend
entspricht es unserer Intuition, schwere und träge Masse
nicht als identisch anzusehen, doch sobald man die Newtonschen Axiome
"verstanden" hat, erscheint es auf einmal "logisch", dass diese beiden
Massen identisch sein müssen.
Die Äquivalenz aus schwerer und träger Masse geht auf Galilei zurück.
Er war der erste, der das aus konkreten Experimenten abgeleitet und zum
allgemeinen Prinzip erhoben hat. Weiter konnte er schon deshalb nicht
kommen, weil die dafür notwendigen mathematischen Methoden noch längst
nicht "erfunden" waren.
..... Fast 300 Jahre später:
Albert Einstein war der erste, der die Annahme "Schwere Masse = Träge Masse"
konsequent zu Ende gedacht hat.
Seiner Meinung nach verbirgt sich dahinter ein fundamentales Prinzip,
während man in der klassischen Physik diesen Umstand "einfach so"
hingenommen hat.
Hier bestand
wie bereits erwähnt keine experimentelle Not, und die Entwicklung der
ART fusst daher auf Gedankenexperimenten. Doch
zunächst noch ein Rückgriff.
Im Bereich der Newtonschen Mechanik ist "Schwere Masse = Träge Masse"
als
so genanntes Schwaches
Äquivalenzprinzip bekannt:
Es gibt keine Möglichkeit, ohne
Kommunikation mit der Aussenwelt mit mechanischen Mitteln festzustellen, ob man sich im freien Fall nahe
eines Planeten, oder schwerelos im Weltraum befindet.
Wenn man etwas überlegt, wird man feststellen, dass diese beiden
Möglichkeiten dasselbe bedeuten wie weiter oben unter Fall 1 und Fall 2
beschrieben.
Einstein hat nun folgendes behauptet;
dies nennt man das starke Äquivalenzprinzip:
Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, ohne Kommunikation mit der
Aussenwelt festzustellen, ob man sich im freien Fall nahe
eines Planeten, oder schwerelos im Weltraum befindet. Also auch mit elektronischen usw. Mitteln sind diese beiden
physikalischen Effekte, also Gewichtskraft und Beschleunigungskraft,
grundsätzlich nicht unterscheidbar.
Nun zu einem konkreten Gedankenexperiment.
a) In einem ruhenden System
werden Lichtpfeile (= sehr kurze Lichtstrahlen) quer zur
Gravitationsrichtung (z.B. auf der Erde
parallel zur Erdoberfläche) von einer Quelle auf eine Zielscheibe
geschossen.
b) Dasselbe wie unter a), jedoch in einem
beschleunigten System quer zur Beschleunigungsrichtung (z.B. auf einem
fahrenden Labor, das so stark beschleunigt wird, dass die
Beschleunigungskraft der Messvorrichtung genauso gross ist wie seine
Gewichtskraft unter a)
Wenn man tatsächlich fordert,
dass diese beiden Szenarien "von innen" (also ohne Kommunikation zur
Aussenwelt) durch keine Mittel unterschieden werden können, dann müssen
auch die Messergebnisse identisch sein.
Dass sich bei b) der
Lichtstrahl aus Sicht eines internen Beobachters krümmt, leuchtet ein;
allerdings muss er sich dann bei a) ebenfalls krümmen.
Insbesondere müsste man
postulieren, dass Licht
anscheinend durch Masse abgelenkt wird.
Letzteres kann aber kaum durch die Gravitationskraft im Verständnis der
klassischen Physik erklärt werden, denn (bei Lichtgeschwindigkeit sich
bewegende) Photonen haben keine Masse, können also nicht von anderen
Massen angezogen werden.
Weiter gedacht:
Als Ausweg bleibt jetzt nur noch dies: Offenbar muss es so sein, dass
Massen den Raum in gewisser Weise "verbiegen". Anziehung kann man sich
so vorstellen, dass parallel geglaubte Linien im Raum in der Nähe von
Massen nicht mehr parallel sind, sondern sich näher kommen.
Die Gravitationskraft wird in
der ART als veränderte Eigenschaft des umgebenden Raumes, genauer: der
Raumzeit aufgefasst (dass sich dadurch auch die Zeit verbiegt, wird
einen dann kaum noch wundern).
So spekulativ das alles klingen
mag: Wir haben lediglich die Annahme Schwere Masse = Träge Masse, bzw.
die Annahme des starken Äquivalenzprinzips, zuende gedacht. Einstein
hat gut 10 Jahre gebraucht, um die ART in der letztlich
richtigen Form zu entwickeln.
Die Relativitätstheorie (beide, also SRT und
ART)
ist auch heute noch (2018) eine eigenständige Insel innerhalb der
Physik: Obwohl sie experimentell bestens abgesichert ist (vergleichbar
mit Quantenmechanik) gibt es
kaum Verbindungen
zu anderen Theorien / Teilgebieten der Physik.
Alltagsrelevante Beispiele, in denen Relativität (SRT und ART) in
Erscheinung tritt:
- GPS: Die Genauigkeit
dieser Systeme ist nur deshalb so hoch, weil relativistische Effekte
bei den
Berechnungen berücksichtigt werden. Insbesondere müssen die
Satellitenuhren ständig (mehrmals pro Stunde) "nachjustiert" werden, da
sie aufgrund von Zeitdehnungen unterschiedlich schnell gehen.
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