Private
Krankenversicherungen bieten ihren Versicherten bekanntermassen mehr
Möglichkeiten und grösseren Handlungsspielraum für ihre Versicherten.
Dennoch
macht es manche private Krankenversicherung zur Bedingung, dass ihre
Versicherten immer zuerst ihren Hausarzt konsultieren müssen, und nicht
von sich aus direkt zu Fachärzten gehen dürfen.
Damit obliegt die Entscheidung Facharzt ja oder nein, bzw. welcher Facharzt, ausschliesslich den Allgemeinärzten.
Die
folgenden Ausführungen werden zeigen, dass diese Vorgehensweise, die
auch von den gesetzlichen Krankenversicherungen de facto so praktiziert
(aber nicht kommuniziert) wird, statistisch begründet werden kann, und
demnach sinnvoll ist.
Allgemeinmediziner werden auch (oder insbesondere) mit niedrigen Prävalenzen der Gesamtbevölkerung konfrontiert, da sie als erste Anlaufstelle versuchen, "jede nur erdenkliche Krankheit" zu erkennen.
Ein Allgemeinmediziner wird demzufolge einige gesunde Patienten für krank befinden (Falsch Positive) und fälschlicherweise zu Fachärzten weiterschicken.
Jedoch wird er insbesondere fast alle tatsächlich Kranken als solche erkennen und richtigerweise zu Fachärzten schicken.
Ein Facharzt bekommt also fast alle tatsächlich Kranken plus einem immer noch unbekannten Anteil Gesunder.
Der Anteil der tatsächlich Kranken unter den zum Facharzt geschickten Patienten (= Prävalenz der vorselektierten Patienten) ist aber durch die Vorselektion des Allgemeinarztes um ein Vielfaches höher als in der Gesamtbevölkerung.
Anders ausgedrückt sind
Allgemeinärzte mit viel niedrigeren Prävalenzen konfrontiert als
Fachärzte.
Je
höher die Prävalenz, umso zuverlässiger sind die Testergebnisse. Die
diagnostische Zuverlässigkeit der Fachärzte beruht also erheblich
auf der Vorselektion (= Erhöhung der Prävalenz) durch
Allgemeinärzte.
Dieser
Sachverhalt trifft sogar für medizinische Tests im Allgemeinen zu: Die
Aussagesicherheit ("Trefferquote") solcher Tests ist umso höher, je
höher der Anteil tatsächlich Kranker unter den Getesteten ist.
Extrembeispiel:
Wendete man medizinische Tests auf die Gesamtbevölkerung an, also ohne
jegliches Verdachtsmoment auf alle Personen, dann würde man zwar so gut
wie alle tatsächlich Kranken identifizieren können, aber der Anteil
tatsächlich Kranker unter den für krank Getesteten wäre sehr gering.
Dass dies tatsächlich in dieser Allgemeinheit zutrifft, kann man auch
ohne die dahinter stehenden mathematischen Sachverhalte begreifen,
indem man in der Datei
Weiterhin bedeutet das,
dass die den Allgemeinärzten zur Verfügung stehenden Tests viel besser
sein müssen als Tests für Fachärzte, denn bei hohen Prävalenzen ergeben
auch relativ schlechte Tests noch sichere Ergebnisse, während bei sehr
niedrigen Prävalenzen selbst hervorragende Tests noch grosse Anteile
Falsch Positiver erzeugen.
Siehe Operationscharakteristik zum allgemeinen Verständnis für die Trennschärfe von Tests.
Siehe
auch
Excel Berechnungsbeispiel
Hier findet man einen allgemeinen Überblick über die Risikoarten bei statistischen Hypothesentests, und
hier befindet sich eine etwas ausführlichere Darstellung der Risikoarten im medizinischen Kontext (Diagnostische Tests).
Siehe auch Klinische Forschung.