Was
ist Physik
Was
unterscheidet Physik von
anderen Naturwissenschaften?
Als
klassische
Naturwissenschaften gelten Biologie, Chemie und Physik.
Es
gibt zwar noch zahlreiche
weitere naturwissenschaftliche Disziplinen wie z.B. Astronomie,
Biochemie, Geologie, Meteorologie, Pharmazie,
etc. doch dabei handelt es sich immer um Derivate (Teilgebiete,
Spezialisierungen, Vertiefungen) einer (selten mehrerer) der drei
Erstgenannten.
Besonders
in populärer Literatur wird Physik oft als die grundlegende
Naturwissenschaft bezeichnet. Wenn das wirklich so wäre, dann würden
alle anderen Naturwissenschaften mehr oder weniger auf der Physik
aufbauen. Tatsächlich ist das aber nicht der Fall.
Beispielsweise gibt es zwischen Physik und Biologie fast gar keine
Überlappungsbereiche; die Biologie baut zu 100% auf eigenständigen
Grundlagen auf und kommt grösstenteils ganz ohne Physik aus. Bei der
Chemie ist es
ähnlich: Sie baut zwar in ausgewählten Teilbereichen auf
der Physik auf, steht aber dennoch grösstenteils auf eigenständigen
Grundlagen.
Es bringt fast nichts, wenn
man sich als angehender Biologe oder Chemiker zuerst einmal mit Physik
beschäftigt, da die grundlegenden Methodiken viel zu unterschiedlich
sind. (Freilich ist es für Chemiker und Biologen vorteilhaft,
wenigstens die Grundzüge der Physik zu kennen).
Naturwissenschaften
haben Dinge und Phänomene der Natur zum Forschungsgegenstand. Damit
sind alle Gemeinsamkeiten schon genannt.
Biologie und Chemie lassen sich recht anschaulich anhand der Art ihrer
Forschungsgegenstände charakterisieren:
In der Chemie geht es um Stoffzusammensetzungen und
-veränderungen, also um chemische Elemente, Moleküle, und deren
Reaktionen untereinander. Im Grunde um alles, was irgendwie mit dem Periodensystem zu tun hat.
In der Biologie geht es -wie der Name schon sagt- um Lebewesen im
weitesten Sinne.
Die Physik dagegen lässt sich nicht so einfach anhand der
Forschungsgegenstände charakterisieren; hier muss man einen anderen Weg
gehen.
Bereits in der Schule fällt auf, dass Physik mit einem hohen Anteil
Mathematik einhergeht. Auf der Universität tritt die Mathematik
noch viel mehr in den Vordergrund. (In den ersten beiden
Physik-Semestern hat man sogar mehr Mathematik als Physik)
Es liegt nun nahe zu sagen, Physik beschäftige sich mit Dingen, die
mathematisch gut erfassbar sind. Diese Formulierung zäumt das Pferd
zwar von hinten auf, kommt der Sache aber schon recht nahe.
Zutreffender
ist folgendes:
Die Physik beschäftigt sich mit allem, was
sich bis zur
Überschaubarkeit reduzieren / vereinfachen lässt und dabei die
interessierenden (zu klärenden) Aspekte noch beibehält. Das
Vereinfachte wird
schliesslich so in mathematische Begrifflichkeiten gefasst, dass mit
wenigen Parametern das ganze System charakterisiert werden kann.
Aus dieser
Formulierung folgt, dass Art und Grösse des betrachteten Systems nicht
ausschlaggebend sind, sondern vielmehr, ob man die Systemgrenzen so
ziehen kann bzw. es so drehen und wenden kann, damit es mathematisch
erfassbar wird.
Natürlich sind dadurch die in Frage kommenden Forschungsgegenstände
eingegrenzt; die Frage ist nur wie.
Schauen wir uns einmal die grossen Themenbereiche eines Physikstudiums
an (Nur Pflichtvorlesungen, keine Wahlvorlesungen).
Die Darstellung ist so gewählt, dass sie die ungefähren Verhältnisse
der letzten paar Jahrzehnte wiedergibt. Durch
"Bologna" wurden leider zusammenhängende Teilgebiete
auseinander gerissen.
Experimentalphysik
|
Theoretische
Physik |
Mathematik
|
Mechanik,
Wärmelehre
|
Klassische
Mechanik |
Höhere
Mathematik I
|
Elektrodynamik,
Optik
|
Elektrodynamik |
Höhere
Mathematik II |
Atomphysik
|
Statistische Mechanik |
Höhere
Mathematik III |
Kernphysik
|
Quantenmechanik |
|
Molekülphysik
|
Kontinuumsmechanik
|
|
Festkörperphysik
|
|
|
Auffallend ist, abgesehen vom hohen Mathematikanteil, die
strikte Trennung zwischen Experimentalphysik und theoretischer
Physik: Das ist ein klares Unterscheidungsmerkmal zu allen anderen
Naturwissenschaften (einschl. Derivate).
Während
Theoretische Physik seit gut 100 Jahren fest
institutionalisiert ist, führt theoretische Biologie bestenfalls ein
Schattendasein, und theoretische Chemie erinnert sehr an
Physik, was man schon an den Bezeichnungen erkennt, z.B. Physikalische
Chemie, Quantenchemie.
Die in der Tabelle genannten Gebiete stellen wie gesagt den Pflichtteil
dar, bilden also nur die Basis. Insbesondere fehlen z.B. die Relativitätstheorien.
Aber selbst die Basis kann
man drehen und wenden wie man will, es bleibt ein Gemischtwarenladen,
dessen Inhalt sich nicht in wenigen Worten beschreiben lässt.
Die Tabelle kann man daher auffassen als Aufzählung derjenigen Gebiete,
bei denen das Folgende (weiter oben schon einmal beschriebene) möglich
war und ist:
Die Physik beschäftigt sich mit allem, was sich bis zur
Überschaubarkeit reduzieren / vereinfachen lässt und dabei die
interessierenden (zu klärenden) Aspekte noch beibehält. Das
Vereinfachte wird
schliesslich so in mathematische Begrifflichkeiten gefasst, dass mit
wenigen Parametern das ganze System charakterisiert werden kann.
Es ist also die Methodik, die Physik von anderen Naturwissenschaften
unterscheidet:
1. Hoher mathematischer Anteil, überhaupt die Mathematik als fast
ausschliessliche Sprache, wissenschaftlichen Gehalt auszudrücken.
2. Institutionalisierte theoretische Herangehensweise, also
systematisch losgelöst von experimentellem Arbeiten.
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