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Vorsteuerabzug,
von der Steuer absetzen und Steuerprogression
Was bedeutet das
Angenommen,
eine Arbeitstischlampe kostet 100,- + 19% MwSt., also insgesamt 119
Euro. Wir fragen uns, welchen Preis unterschiedliche Marktteilnehmer
für diese Lampe tatsächlich bezahlen.
Erklärt wird ferner, warum die Unterschiede sinnvoll sind.
Das Ergebnis vorweg:
- Ein Endverbraucher kauft die Lampe für sein Wohnzimmer. Er bezahlt dafür die vollen 119 Euro.
- Ein Lehrer kauft die
Lampe für sein steuerlich absetzbares Arbeitszimmer. Er bezahlt dafür
mindestens 69 Euro (58%), aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht
wesentlich mehr.
- Hier greift die steuerliche Absetzbarkeit
- Ein Unternehmer kauft die Lampe für einen Arbeitsplatz. Er bezahlt dafür mindestens 58 Euro (49%), aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich mehr.
- Hier greift 1. die steuerliche Absetzbarkeit, und 2. der Vorsteuerabzug.
Unternehmer,
Lehrer und Endverbraucher sind hier keine Personen, sondern am Markt
teilnehmende Rollen. Der Unternehmer hat selbstverständlich ein
Privatleben, und nimmt dort in der Rolle des Endverbrauchers am Markt
teil.
Es ist didaktisch sehr von
Vorteil, wenn man "Von der Steuer absetzen" und Vorsteuerabzug jeweils
isoliert betrachtet. Bevor wir dies tun, muss erst etwas anderes
erläutert werden:
Steuerprogression
Darunter versteht man eine mit der Höhe der Einnahmen überproportional
zunehmende Steuer: Wer "mehr" verdient, zahlt "viel mehr" Steuern.
Dieser Sachverhalt ist in so genannten Steuerprogressionstabellen
hinterlegt. Die folgende Erklärung verwendet wieder vereinfachte, ungefähr zutreffende Zahlenwerte:
- Jährliche Einnahmen bis 9:000,- sind steuerfrei.
- Einnahmen von 9.000,- bis 10.000,- werden mit 15% besteuert.
- Einnahmen von 10.000,- bis 11.000,- werden mit 18% besteuert.
- Einnahmen von 11.000,- bis 12.000,- werden mit 20% besteuert.
- (....)
- Einnahmen von 31.000,- bis 32.000,- werden mit 33% besteuert.
- (...)
- Einnahmen ab 56.000,- werden mit 42% besteuert.
Was nun folgt, ist sehr einfache Mathematik,
dennoch tun sich alle Disziplinen (auch universitäre) ziemlich schwer
damit, wenn sie dem zum ersten mal begegnen. Der Grund ist, dass man
hier keine Logik findet, denn das Ganze ist schlicht und einfach nur
sinnvoll und für die Allgemeinheit nützlich ausgestaltet. Die
Grundgedanken kann man so zusammenfassen:
- Unternehmen sollen Steuern erwirtschaften (Umsatzsteuer).
- Gleichzeitig soll es
Unternehmen leicht gemacht werden, zu investieren: Zwischen Investieren
und Steuern bezahlen soll eine realistische Wahlmöglichkeit bestehen.
- Zusätzlich sollen alle
Martteilnehmer Steuern bezahlen, die nicht an der Wertschöpfung
beteiligt sind, davon aber profitieren (Endverbraucher:
Mehrwertsteuer).
Absetzen von der Steuer
Wie bereits erwähnt ist es didaktisch sehr von
Vorteil, wenn man "Absetzen von der Steuer" und Vorsteuerabzug jeweils
isoliert betrachtet.
Wir lassen hier also die Mehrwertsteuer aussen vor, und betrachten den Nettobetrag der Lampe, 100 Euro.
Wir betrachten im Folgenden ein
Unternehmen, denn dies ist einfacher. Für den Lehrer gilt es im Prinzip
gleichermassen, nur mit anderen Zahlen, und komplizierteren Details.
Das Unternehmen laufe mindestens einigermassen gut, d.h., der
Unternehmer ist mit seiner zu versteuernden Masse im Spitzensteuersatz
(42%) drin. Das bedeutet, dass seine Jahreseinnahmen vor Steuer über
56.000,- liegen, und demnach ein Teil seiner Masse (= Einnahmen vor
Steuer) mit 42% besteuert wird.
Wir betrachten also die Lampe ohne MwSt. Die Lampe kostet dann 100 Euro.
Der Unternehmer habe im Jahr 2020 70.000 Euro vor Steuern
erwirtschaftet, d.h., seine Einnahmen vor Steuer betragen 70.000 Euro.
Diese 70.000 Euro "gehören" ihm noch nicht, denn bevor es "in seinen
Besitz übergeht", muss es erst die "Steuermaschinerie" des Finanzamtes
durchlaufen. Bei diesem Prozess verbleiben ca. 20.000,- beim Finanzamt,
und beim Unternehmer kommen 50.000,- an.
Diese 50.000 "gehören" schliesslich dem Unternehmer.
Der springende Punkt ist, dass der Unternehmer die Lampe nicht von "seinen" 50.000,- kauft, sondern von den 70.000,-, die ihm noch nicht gehören.
Würde er die Lampe privat verwenden, dann müsste er sie aus seinen
50.000,- bezahlen, und hätte danach 49.900,- plus eine Lampe. Da er sie
aber geschäftlich verwendet, "kauft" er sie von den 70.000,-,
wodurch das zu versteuernde Einkommen nur noch 69.900,- statt
70.000,- beträgt. Anstelle 70.000,- durchlaufen also nur noch 69.900,-
die "Steuermaschinerie"
des Finanzamtes. Das Finanzamt bekommt durch die fehlenden 100 Euro 42
Euro weniger Steuern, und beim Unternehmer kommen 100-42 = 58 Euro
weniger an.
--> Der Unternehmer, der die Lampe kauft, hat hinterher 58 Euro weniger, und dafür eine Lampe im Wert von 100 Euro.
--> Die Lampe kostet ihn also effektiv 58 Euro.
Überspitzt kann man sagen, die Lampe wird zu 58 % vom Unternehmer, und zu 42 % vom Finanzamt bezahlt.
Begründung: Der Unternehmer
braucht die Lampe, um sein Geschäft zu betreiben, also Werte zu
schöpfen, wodurch wiederum Steuern (keine Mehrwertsteuern, siehe weiter unten) generiert werden können. Für den Lehrer trifft lediglich der erste Teil zu: Er braucht die Lampe, um seine Arbeit zu machen. (Die Tatsache, dass er dabei keine Werte schöpft, ist hauptsächlich seinem Arbeitnehmerstatus geschuldet)