Einführung in Statistische Prozessregelung mit Beispiel
Ohne Frames
SPC konkret

SPC bedeutet Statistical Process Control, statistische Prozesslenkung. Dies ist eine etwas ausführlichere Einführung in das Thema SPC, gerichtet an Abteilungleiter, Gruppenführer und vergleichbare Positionen, die statistische Prozessregelung einführen werden. Grundkenntnisse in Statistik sind dabei unabdingbar, ansonsten scheitert die Einführung.

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Die folgenden Darlegungen sollten wenigstens in den Grundzügen verstanden werden; die mathematischen Details werden einem im realen Einsatzfall sowieso von entsprechender SPC Software abgenommen.
Theoretisch spricht  nichts dagegen, SPC mit Excel durchzuführen, allerdings ist es  aufwendig und stellt hohe Anforderungen an die Benutzer.
Alle hier vorgestellten Rechenschritte sind in dieser Exceldatei abgelegt.


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Statistische Prozesslenkung, SPC. Eine genauere Beschreibung der Funktionsweise.  

Für eine allgemeinere Einführung in das Thema für Vorgesetzte und Entscheider siehe hier.

 

Die Funktionsweise von statistischer Prozesslenkung sei anhand der am Häufigsten eingesetzten Variante (Shewhart Karte) etwas detaillierter erklärt.

 

0. Grundlegendes

Im Folgenden wird "echte" SPC erklärt, also SPC, die sich ausschliesslich an den Prozesseigenschaften und weniger an den Toleranzgrenzen orientiert ("Regelkarten").

Am Schluss dieser Rubrik folgen ein paar Anmerkungen zu rein an den Toleranzgrenzen orientierter SPC ("Annahmekarten").

 

1. Vorüberlegungen

Zunächst einmal muss sichergestellt werden, dass diejenigen Merkmale, die SPC unterworfen werden sollen, auch dafür geeignet sind. Die Eignung ist für jedes Merkmal getrennt zu untersuchen.

Bedingungen dafür: 

Anmerkung: 

Die allermeissten öffentlich verfügbaren Beispiele für SPC kommen aus der Maschinenbau- Industrie und der Halbleiterindustrie. 

Allein daraus kann man indirekt entnehmen, dass SPC in anderen Branchen nur bedingt bis gar nicht einsetzbar ist, was auch den Erfahrungen des Verfassers entspricht.  

 

Sind die vorgenannten Punkte erfüllt, dann fährt man mit einer Prozessfähigkeitsanalyse fort. 

Für jedes Merkmal ist eine eigene Prozessfähigkeitsanalyse anzustrengen.

 

2.) Prozessfähigkeitsanalyse

 

Es werden mindestens 25 (wegen der statistischen Sicherheit), besser jedoch 50 Teile hinsichtlich des zu analysierenden Merkmals vermessen. 

Bedingungen dafür: 

Beispiel

SPC Urwertkarte Beispiel

 

Aus den oben ermittelten Messwerten wird mittels statistischer Methoden die zu dem Mass passende Verteilungsfunktion sowie der cpk Wert geschätzt. 

Bei  handelsüblichen Softwarepaketen wird kein bis viel Testaufwand betrieben, um festzustellen, ob die Messwerte normalverteilt sind oder nicht.  

Generell ist das Vorliegen einer Normalverteilung immer wünschenswert, da sich alle nachfolgenden Auswertungsschritte vereinfachen. (-->zentraler Grenzwertsatz)

Die hierfür angewandten Methoden fallen unter die Kategorie der Anpassungstests

Grundsätzlich sollte bei jeder Prozessfähigkeitsanalyse der wahrscheinlich zugrundeliegende Verteilungstyp entweder getestet oder aus plausiblen Überlegungen heraus begründet werden.

Beispiel für eine cpk-Berechnung. 

Siehe dazu das Tabellenblatt "1. Bestimmung des cpk Wertes". 

(Aus praktischen Gründen wurde in dem Beispiel im Vorhinein dafür gesorgt, dass die Messwerte normalverteilt sind)

Im Beispiel ergibt sich ein cpk Wert von 1.24. Das ist etwas zu wenig, verglichen mit einem für SPC erforderlichen Wert von mindestens 1.33 (Begründung weiter unten).

 

Nun ist die cpk Berechnung wie alle auf Stichproben basierenden Berechnungen mit einer Unschärfe behaftet (--> Vertrauensintervall).  

 

Beispiel für das Vertrauensintervall der cpk Berechnung. 

Siehe dazu das Tabellenblatt "2. cpk Vertrauensintervall". 

 

Mit den unter Tabellenblatt "1. Bestimmung des cpk Wertes" gegebenen Daten erkennt man, dass man bei einem "wahren" (aber unbekannten) cpk Wert von 1.33 in immerhin 26 von 100 Fällen (Vertrauensintervall = 26%) einen gemessenen cpk Wert von 1.24 oder weniger erhalten würde. 

Wir nehmen in diesem Beispiel das relativ grosse Risiko eines tatsächlich zu kleinen cpk Wertes in Kauf. 

3. Bestimmung der Eingriffsgrenzen

 

Unten ist die Wahrscheinlichkeits-Verteilungsfunktion (eigentlich "Dichtefunktion") der Messwerte dargestellt. 

Siehe dazu auch das Tabellenblatt "3. Verteilungsfunktion" des Beispiels.

Der Mittelwert liegt bei 5 (gestrichelte Linie), die Standardabweichung bei 0,2. 

Ausserdem sind die Toleranzgrenzen in Rot mit eingezeichnet. 

SPC Normalverteilung 

 

Der Bestimmung der Eingriffsgrenzen liegt  nun folgender Gedankengang zugrunde: 

 

Wenn der Prozess seinen Mittelwert von 5 beibehält (was man prinzipiell ja nicht weiss), dann sind Messwerte umso unwahrscheinlicher, je weiter sie von 5 entfernt sind. 

 

Mit Kenntnis über die Eigenschaften der  Normalverteilung lassen sich nun Grenzen berechnen, oberhalb und unterhalb derer Messwerte nur mit einer Wahrscheinlichkeit von z.B. 1% vorkommen. (jeweils 0,5% für oberhalb 5,515 bzw. unterhalb 4.485 liegende Werte). 

 

Mit der Excelfunktion NORMINV(99.5%,5,0.2) = 0,515 ergibt sich in diesem Beispiel die obere Eingriffsgrenze zu 5,515. Die untere Eingriffsgrenze liegt dann spiegelbildlich bei 4,485. 

 

Misst man also einen Wert, der oberhalb 5,515 oder unterhalb 4,485 liegt, zieht man den Umkehrschluss, dass der Prozessmittelwert in Wahrheit (was man nicht weiss) nicht mehr bei 5, sondern woanders liegt. 

Deshalb greift man in den Prozess ein, was z.B. mit der Ziehung einer zweiten Kontroll- Stichprobe eingeleitet werden kann.

 

Mit der bisherigen Information lässt sich bereits eine Regelkarte konstruieren:

 

SPC Eingriffsgrenzen Die Toleranzgrenzen sind nur aus didaktischen Gründen eingezeichnet. Die Orientierung sollte ausschliesslich an den Eingriffsgrenzen erfolgen.
Die oben aus didaktischen Gründen beschriebene  Regelkarte hat gravierende Nachteile, weshalb sie in der Praxis in der Form nicht eingesetzt wird.
  1. Da immer nur 1 Wert entnommen wird, erhält man keine Information über die momentane Streuung

    Theoretisch könnte bei stabilem Mittelwert die Streuung grösser geworden sein, sodass öfters als während der Prozessfähigkeitsanalyse Werte ausserhalb der Eingriffsgrenzen liegen. 

    Dies hätte eine Erhöhung des Ausschusses zufolge, die u.U. erst nach etlichen Messungen erkannt werden  würde 

  2. Die Aussagekraft eines einzelnen Messwertes ist generell sehr gering. 

    Selbst wenn man gleitend immer die letzten n Messwerte zusammenfasst, bekommt man allerhöchstens eine Trendinformation, also Information über die Prozessentwicklung während eines längeren Zeitraums. 

    Nähere Informationen zum Prozesszustand während der Messwerterfassung sind aus einem einzelnen Messwert generell nicht ableitbar. 

Um diese Nachteile auszumerzen, führt man zusätzlich 2 Dinge ein: 

  1. Es werden pro Messzeitpunkt mindestens 5 Messwerte dem Prozess entnommen, und deren Mittelwert in die Regelkarte eingetragen, 

  2. Es wird zusätzlich zu jedem Messwertesatz dessen Standardabweichung berechnet und in einer zweiten Regelkarte geführt. 

Beispiel mit 15 Stichproben zu je 5 Einzelmesswerten.

Siehe Tabellenblatt "5. Shewhart Karte"

SPC Regelkarte Beispiel

 

Trägt man diese Daten in die entsprechende Regelkarte, so erhält man folgendes Bild, das unter dem Namen Shewhart Karte bekannt ist: 

 

SPC Xquer S Regelkarte

 

Man erkennt folgende Sachverhalte:

  1. Es handelt sich eigentlich um 2 Regelkarten, eine für die Stichprobenmittelwerte, und eine für die Standardabweichung der Stichproben.

  2. Die Toleranzgrenzen sind nicht mehr in der Regelkarte enthalten. Das entspricht vollends dem Geist von SPC, demzufolge die Orientierung ausschliesslich an den Eingriffsgrenzen zu erfolgen hat. (Falls Orientierung an den Toleranzgrenzen: --> Annahmekarte)

    Das Risiko, dass Einzelmesswerte ausserhalb der Toleranzgrenzen liegen können, hat man indirekt durch die Forderung eines Mindest-cpk-Wertes definiert. 

    Für konkrete Zahlenwerte siehe cpk-Wert.

  3. Die Eingriffsgrenzen für den Stichprobenmittelwert liegen deutlich näher beisammen als im weiter oben beschriebenen Fall für die Ziehung von jeweils nur einem Messwert. 

    Dies ist auch verständlich, da aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes die Mittelwerte von Stichproben eine umso grössere zentrale Tendenz aufweisen, je grösser die Stichproben sind.

    Die selben Überlegungen gelten entsprechend für die Standardabweichung.

    Die Berechnung der Eingriffsgrenzen geschieht wie folgt:

     

      Mittelwert Standardabweichung

    Obere

    Eingriffsgrenze

    SPC Obere Eingriffsgrenze Mittelwert SPC Obere Eingriffsgrenze Standardabweichung

    Untere

    Eingriffsgrenze

    SPC Untere Eingriffsgrenze Mittelwert SPC Untere Eingriffsgrenze Standardabweichung

    Xquer: Mittelwert, der in der Prozessfähigkeitsanalyse ermittelt worden ist,

    s: Die in der Prozessfähigkeitsanalyse ermittelte Standardabweichung,

    n: Stichprobengrösse,

    a: 1-Signifikanzniveau, Eingriffswahrscheinlichkeit,

    Z: Umkehrfunktion der Standardisierten Normalverteilung.

    In Excel durch die Funktion

    STANDNORMINV(1-a/2) realisierbar

    X2: Umkehrfunktion der (kumulierten)  Chi-Quadrat Verteilung.

    In Excel durch die Funktion

    CHIINV(1-a/2,f) realisierbar

    f: Anzahl Freiheitsgrade, hier: n-1 (n=Stichprobengrösse)

 

Die oben dargestellte Shewhartkarte ist die am häufigsten eingesetzte Regelkarte und repräsentiert die Kombination von Mittelwert- und Standardabweichungskarte.

Sie ist natürlich nur bei Massen auf kontinuierlichem Skalenniveau einsetzbar.

 

Die bisher für Normalverteilung beschriebene Vorgehensweise gilt entsprechend für jede Verteilungsform. (Lediglich andere Formeln)

Mit leichten Abwandlungen gelten diese Überlegungen auch für einseitig begrenzte, nullbegrenzte und natürlich begrenzte Merkmale.

 

Für weitere Regelkartentypen siehe Regelkarten.

 

Anmerkungen

Wie bisher beschrieben, treten die Toleranzgrenzen nur während der Prozessfähigkeitsanalyse in Erscheinung.

Einmal für fähig befundene Prozesse werden dann nur gegen die Eingriffsgrenzen gemessen, die ja nach bestandener Prozessfähigkeitsanalyse innerhalb der Toleranzgrenzen liegen.

Der Fokus liegt also eindeutig auf der Stabilität des Prozesses

 

Nun gibt es aber oft Situationen, wo man

entweder die Toleranzen "ausreizen" möchte, oder aber wo der Prozess nicht hinreichend fähig ist

(zu kleiner cpk Wert).

In diesen Fällen fährt man den Prozess gegen "modifizierte" Eingriffsgrenzen, die sich ausschliesslich an den Toleranzgrenzen orientieren und nicht am Prozess selbst.

Den Hintergrund dieser Überlegung bildet die Operationscharakteristik einer festzulegenden Stichprobe.

Man lässt also einen gewissen Auschussanteil mit einer festgelegten Wahrscheinlichkeit zu.

 

Die Formel für die obere Eingriffsgrenze lautet dann anstelle

    nun SPC nicht fähig Eingriffsgrenze

 

Drückt man den Abstand Toleranzgrenze - Eingriffsgrenze, also den Term  in Einheiten der Standardabweichung s aus, dann hat man den sogenannten Abgrenzungsfaktor.

Dieser spielt in der graphischen Ermittlung der Eingriffsgrenzen eine wichtige Rolle.

 

Für detailliertere Erklärungen zu graphischen Ermittlung von Annahmekarten siehe Wilrich Nomogramm.

 

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15.01.2006

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